Rheinland-Pfalz baut psychosoziale Prozessbegleitung für Opfer schwerer Straftaten aus
Opfer schwerer Straftaten sollen in Rheinland-Pfalz zukünftig auf qualifizierte psychosoziale Prozessbegleiter zurückgreifen können. Dies sieht der Entwurf eines Landesgesetzes zur Ausführung der bundesgesetzlichen Vorgaben zur psychosozialen Prozessbegleitung vor. Die psychosoziale Prozessbegleitung ist eine intensive Form der Zeugenbegleitung für besonders schutzbedürftige Verletzte von Straftaten. Sie soll für Opfer von Straftaten die Belastung des durchzuführenden Strafverfahrens reduzieren.
Der nun vorgelegte Gesetzentwurf eines Landesgesetzes regelt die Anerkennung der psychosozialen Prozessbegleitung und das Anerkennungsverfahren. Damit solle sichergestellt werden, dass den Opfern schwerer Straftaten die Beiordnung qualifizierter psychosozialer Prozessbegleiter ermöglicht wird. Für die Zulassung der qualifizierten Fachkräfte als psychosoziale Prozessbegleiter hat das Justizministerium Rheinland-Pfalz gemeinsam mit der Hochschule Koblenz einen Weiterbildungslehrgang entwickelt, der eine Qualifizierung in der psychosozialen Prozessbegleitung ermöglicht. Voraussetzung für die Teilnahme sei ein qualifizierender Hochschulabschluss in den Bereichen Soziale Arbeit, Pädagogik, Psychologie oder Soziologie sowie zwei Jahre einschlägige Berufserfahrung.
Es ist zu begrüßen, dass hier die Rechte der Opfer weiter gestärkt werden und diese ggf. auch psychosoziale Betreuung erfahren. Bisher versuchen der Weiße Ring e.V. und die Opferanwälte diese Aufgabe zu stemmen. Gerade für Opferanwälte stellt der psychologische Aspekt der Mandatsbetreuung von Opfern schwerster Verbrechen eine enorme Herausforderung dar, der neben der eigentlichen strafrechtlichen Betreuung zu leisten ist. Zu bedenken ist auch, dass die Rechtsanwälte sind was sie sind - nämlich in erster Linie Rechtsanwälte. Weder im Studium noch im Referendariat wird Psychologie, Pädagogik oder Soziologie vermittelt, daher gibt es in den seltensten Fällen Rechtsanwälte, die die Voraussetzungen für die Fortbildung zum Prozessbegleiter mitbringen.
Da der Rechtsanwalt als Opferanwalt aus Sicht des Opfers auch immer die Funktion des Prozessbegleiters innehat und von ihm bewusst oder unbewusst die Erbringung der Leistungen eines Prozessbegleiters erwartet wird, ist es gut und in jedem Fall zu begrüßen, dass dem Opfer eine qualifizierte Beratungsperson zur Seite gestellt wird. Der Opferanwalt wird hierdurch zumindest z.T. aus seiner Doppelrolle herausgenommen und kann sich so besser auf seine Kernaufgabe konzentrieren.
Fraglich bleibt natürlich, ob die Absolvierung eines Lehrganges zwingend notwendig ist, um die Zulassung zum Prozessbegleiter zu erhalten. Ich denke hier an die langjährigen Mitarbeiter z.B. des Weißen Ring e.V., die neben den Voraussetzungen aufgrund ihrer bereits langjährigen Tätigkeit die Erfahrung in diesen Bereichen mitbringen, die im Zusammenspiel reichen müssten, um die Ableistung einer weiteren Weiterbildung unnötig zu machen.
Ich hoffe nun, dass das Bundesland Schleswig-Holstein hier auch mitziehen wird.
Ihr Rechtsanwalt Christoph Seiffert aus Flensburg