Unbestellt zugesendetes Versicherungstestpaket darf sich nicht automatisch kostenpflichtig verlängern
Das LG Limburg , (Urteil - 5 O 30/16) verbot der F.A.S.I. Flight Ambulance Services International Agency GmbH, die einem Verbraucher unaufgefordert ein Schreiben zuschickte, wonach dieser über ein Urlaubsreisen-Versicherungspaket für drei Monate kostenlos versichert sei, sich dieses kostenlose Versicherungspaket jedoch in eine kostenpflichtige Versicherung mit einer Laufzeit von 12 Monaten übergehen sollte, sofern der Verbraucher in einem Zeitraum von bis zu sechs Wochen, mithin vor Ablauf der kostenlosen Testphase mitteilt, dass er die Verlängerung nicht möchte.
Das LG Limburg entschied, dass ein derartiges unaufgefordert unterbreitetes, kostenloses Testangebot nach Ablauf der Probephase nicht automatisch in einen kostenpflichtigen Vertrag umgewandelt werden darf, da eine solche Geschäftspraxis unlauter sei. Das Landgericht sah hierin in Übereinstimmung mit der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg einen Verstoß gegen die Lauterbarkeitsregeln, da durch diese Form der Vertragsanbahnung das Schweigen des Verbrauchers zu einer Willenserklärung stilisiert werde.
Das deutsche Rechtssystem misst dem Schweigen nur in sehr begrenzten Fällen einen Erklärungswert zu. Jedoch gerade nicht im Falle von unaufgefordert zugesandten Waren oder wie hier Versicherungsscheinen. Selbst wenn unterstellt wird, dass das "kostenlose Versicherungstestpaket" ein Geschenk im Sinne von § 516 BGB sei und die Frist von 6 Wochen eine Aufforderung zur Annahme des "Geschenkes" gem. § 516 II BGB sei, so wandelt sich die Betrachtung in dem Moment, wo aus dem "Geschenk" - also einer einseitigen unentgeltlichen Zuwendung - ein zweiseitiger Vertrag wird, der den ehemals Beschenkten zur Zahlung der Versicherungsbeiträge verpflichtet.
§ 516 II BGB ist eine Ausnahmevorschrift, in der dem Schweigen ein Erklärungswert beigemessen wird, vom Gesetzgeber so vorgesehen, weil für den Beschenkten aus diesem Schweigen keine Nachteile entstehen. Sobald der Beschenkte dann aber plötzlich zur Kasse gebeten wird, ist das Geschenk für diesen nicht mehr "lediglich rechtlich vorteilhaft", womit der Anwendung des § 516 II BGB der Boden entzogen wird.
Auch nach diesem Gedankenspiel ist die Entscheidung des LG Limburg richtig, wenngleich in meinen Augen grundsätzlich nicht notwendig, da es sich von selbst verstehen sollte, dass auf diese Art und Weise keine Verträge an Land gezogen werden dürfen. Aber der Begriff der Hanseatischen Kaufmannsehre gerät wohl immer mehr in Vergessenheit bzw. die Wenigsten halten sich daran. Denn auch bei diesen war ein per Handschlag oder mündlich geschlossener Vertrag ein verbindlicher Vertrag, daran gab es nichts zu rütteln. Dabei war jedoch beiden Parteien klar, dass - wie zum Abschluss eines Vertrages notwendig - beide Seiten zum Abschluss des Geschäftes ihre Willenserklärung abgegeben haben. Und genau dies wurde versucht, unter den Tisch zu kehren. Dank der Verbraucherzentrale Baden Württemberg ist dieser Praxis nun der Boden entzogen worden.
Gepostet von Ihrem Rechtsanwalt Christoph Seiffert aus Flensburg